Die jüngste der drei größten Ratingagenturen, die weltweit fast jeder kennt, wurde 1913 von John Knowles Fitch gegründet. Die Agentur hieß damals noch „Fitch Publishing Company“, statt wie heute „Fitch Ratings“.
Die Veröffentlichung von Finanzstatistiken und Bewertungen begann bei Fitch erst anno 1924. Fitch war damals die erste Ratingagentur, die das heute von allen Ratingagenturen verwendete Bewertungssystem mit einer Skala von AAA bis D nutzte. Heute ist sie Teil der „Fitch Group“. Diese hat diverse Konzerne und Unternehmen im Besitz gehabt. Im Frühjahr 2018 kaufte die „Hearst Communications Inc.“ das Unternehmen und ist damit 100prozentiger Anteilseigner.
Neben den marktbestimmenden Rating-Giganten „Standard & Poors“ und „Moody’s“ hat der „Emporkömmling“ Fitch Ratings immerhin schon 15 Prozent der insgesamt 95 Prozent auf die drei Agenturen entfallenden Marktanteile für sich gewinnen können. Das Unternehmen hat seinen Firmensitz in New York und eine Haupt-Filiale in London. Weitere 51 Standorte sind weltweit verstreut. Die deutsche Filiale ist in Frankfurt am Main beheimatet. In ganz Deutschland sind insgesamt nur sechs Ratingagenturen anerkannt worden, unter anderem auch Fitch. Weltweit beschäftigt die Agentur ungefähr 2000 Analysten als Mitarbeiter.
Bewertungen bei Fitch Ratings
Bei „Fitch Ratings“ werden sowohl Banken wie auch Unternehmen, Staatsanleihen als auch Staaten oder Kommunen in ihrer Finanzkraft und ihrem Finanzgebaren beurteilt und bewertet – und zwar nach Zahlen, die von diesen selbst veröffentlicht werden. Die Auftraggeber bezahlen die Ratings, die Fitch für sie vornimmt. Nur auf die Bewertung von Staatsanleihen werden üblicherweise keine Kosten von Fitch erhoben. Das Bewertungssystem ist inhaltlich festgelegt. Es beruht auf diversen ausgewerteten Parametern, die verlässlich sind, sowie einigen eher geschätzten Bezugsgrößen. Die daraus errechnete Bewertung hat großen Einfluss auf die Finanzwelt, die Zinshöhe und Kreditvergaben. Die von Fitch erfundenen Ratingcodes von AAA bis D werden heute von allen drei Ratingagenturen verwendet. Ein Plus oder ein Minus hinter einem Buchstabencode stellt eine Tendenz nach oben oder unten dar.
In Europa sind insgesamt nur 150 Fitsch-Analysten beschäftigt, davon 25 in Frankfurt. Einsteiger mit entsprechender Berufserfahrung oder einem Studium im Finanzwesen können mit 70.000 Euro Jahresgehalt rechnen. Aufsteiger in der Branche können bei Fitch Ratings bis zu 90.000 Euro Jahresgehalt beziehen. Viele Menschen mit entsprechender Vorbildung verdingen sich lieber zu einem höheren Gehalt an anderer Stelle. Dass man in dieser Branche auf einem Schleudersitz sitzen kann, bewiesen einige gravierende Fehleinschätzungen im Rahmen der Finanzkrise. Auch bei Fitch wurden damals Immobilienkredite aus den USA falsch bewertet. Sie mussten am Ende massiv herabgestuft werden.
Welche Informationen verwertet werden
Insider sagen hinter vorgehaltener Hand, dass man fehlerhafte Informationen oft nur schlecht erkennen könne. Bestenfalls habe ein Analyst eine Chance, hellhörig zu werden, wenn ein Jahresabschluss nicht veröffentlicht werde. Fehler bei Finanzveröffentlichungen und Bilanzen aufzudecken, sei letztlich die Sache von Wirtschaftsprüfern. Fitch könne schließlich nur Bewertungen aus den veröffentlichten Daten und vertraulichen Informationen beziehen, die von den Analysten in persönlichen Gesprächen gewonnen werden.
Bei Fitch gilt das Prinzip, dass grundsätzlich zwei Analysten entscheiden müssen, welches Rating sie einem internen Komitee vorschlagen. Die endgütige Bewertung, die meist der der beiden Analysten entspricht, wird per Mehrheitsbeschluss festgelegt. Auf der einen Seite werden die Ratings also aufgrund von veröffentlichten Bilanz- und Umsatzdaten, Kennzahlen und Börsennotierungen bezogen. Diese werden mithilfe von Algorithmen ausgewertet und analysiert.
Auf der anderen Seite spielt aber auch die Erfahrung und Gesprächsbereitschaft eines Fitch-Mitarbeiters eine wichtige Rolle. Er ist auf relevante Informationen angewiesen und muss alle seine Kunden persönlich kennen. Erhält er dauerhaft keine, keine ausreichend brauchbaren oder falsche Informationen von einem Unternehmen oder einem Schweizer Kanton, für das er verantwortlich ist, kann er gegebenenfalls eine Bewertung durch Fitch verweigern. Das passiert allerdings sehr selten.
Welche Relevanz Herab- oder Heraufstufungen für den Finanzmarkt haben, weiß jeder der angestellten Analysten. Herabwertungen können zur Folge haben, dass ein Wertpapier wegen massenhafter Verkäufe einen eklatanten Wertverfall erlebt. Schon kleine Bewertungsänderungen können gravierende Kostensteigerungen für das betroffene Unternehmen bewirken. Beispielsweise musste die Telekom 2008 aufgrund einer Herabstufung durch Fitch von A- auf BBB+ um 40 Millionen höhere Refinanzierungskosten hinnehmen.